Das Aufstehen fiel am dritten Tag unserer Reise nicht besonders schwer. Temperaturen knapp über dem Nullpunkt und heftiger Wind hatten die Nacht im Zelt zu einem sprichwörtlich erfrischenden Erlebnis gemacht. Dennoch hatte der Schlafplatz in dieser rauen Gegend was - einfach "cool" eben ...
Umso wichtiger war es nun, etwas Warmes in unsere Körper zu bekommen. Was wäre am "frühen" Morgen besser geeignet, als ein frisch zubereiteter Kaffee? Praktisch, wenn man jemanden dabei hat, der sich mit Kaffee auskennt (oder zumindest so tut, als ob). Als Barista hatte Bernie natürlich beste äthiopische Kaffeebohnen mitgebracht, dazu eine kleine handbetriebene Mühle, die es uns erlaubte, die Bohnen immer erst kurz vor der Zubereitung zu mahlen. Mit der handlichen AeroPress zubereitet, welche auf dem Prinzip des Filterkaffees basiert, gab es so jeden Morgen aromatischen Kaffee.
Selbst am Nordkap verzichten wir nicht auf frisch gemahlenen Kaffee! |
Nachdem wir uns also mit frischem Kaffee und Schokodonuts gestärkt hatten, wurde unser Zelt in Windeseile abgebaut, das letzte Geschirr gewaschen und alles im großen Kofferraum unseres Passats verstaut. Kaum auf dem Fahrer- und Beifahrersitz Platz genommen, sorgte Bernie wieder für ein "warmes Popscherl" (Sitzheizung auf MAX!), dann ging's weiter Richtung Süden. Unsere erklärtes Tagesziel: Mindestens die Lyngen Lodge in Djupvik (H) erreichen, dort warteten nämlich bekannte Gesichter auf uns. Tatsächlich schafften wir es dann sogar noch ein paar Kilometer weiter bis nach Skibotn (I) - am Ende spulten wir an diesem Tag 440km auf den Tacho.
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Die ersten Kilometer auf der E69 gestalteten sich recht unspektakulär, kurze Zeit nachdem wir wieder auf die E6 abgebogen waren (B), wurden wir allerdings aus unseren Tagträumen gerissen. In einer Kurve hatte ein Mitglied einer deutschen Motorradgruppe offenbar vergessen, dass man in Kurven lenken muss - und landete folglich recht unsanft im Straßengraben. Wir blieben natürlich stehen und leisteten Erste Hilfe. Diese beschränkte sich jedoch mehr oder weniger darauf, den anderen dabei zu helfen, das Motorrad aus dem Graben zu ziehen. Dem Biker war Dank seiner guten Ausrüstung nicht viel passiert. Seine Maschine erwischte es dagegen schlimmer. Nach dieser guten Tat sprangen wir wieder ins Auto, belohnten uns mit einem Chocolate Chip Cookie (die besten in ganz Norwegen) und einer Dose Red Bull und setzten unsere Fahrt Richtung Südwesten fort. Von nun an wurde auch das Wetter immer besser und die Landschaft wurde immer beeindruckender.
Zuerst ging es über eine Hochebene (C) "runter" nach Alta. Die pfeilgeraden Straßen dort oben erinnerten uns ziemlich an jene in den USA, sie sollten aber auch die letzten dieser Art während unserer weiteren Reise bleiben.
USA? NO(R)WAY! |
Am Altafjord angekommen, mischten sich erstmals kräftige Farben in die Landschaft. So präsentierte sich auch das Örtchen Talvik (E) von seiner besten Seite.
Talvik |
Wie schon auf der Hochebene vor Alta, kreuzten auch am Langfjorden unsere vierbeinigen Freunde wieder einmal die Straße.
Blöderweise konnte Bernie nicht mehr rechtzeitig bremsen, aber so mussten wir uns zumindest um das Mittagessen keine Gedanken mehr machen. Nachdem wir das Tier im Kofferraum verstaut hatten, fanden wir kurze Zeit später am Ende des Langfjorden (F) direkt am Wasser einen idyllischen Platz für unsere Mittagspause.
Mittagessen am Norwegischen Fjord - in diesem malerischen Ambiente schmeckt alles gleich doppelt so gut! |
Liebe Tierschützer, keine Panik. Das mit dem Überfahren des Rentiers war natürlich ein Scherz. Da wir uns stets an das Tempolimit von 80 km/h hielten, taten wir während der gesamten Fahrt keinem (Ren)Tier etwas zuleide. Auf dem Speiseplan standen Fleischklöße (aus der Dose) mit Kartoffeln. Da der Geschmack dieser Klöße aber undefinierbar und der Text auf der Dose für uns unverständlich war, können wir nicht mit Sicherheit ausschließen, dass wir nicht doch Rentier verzehrt haben ;) Apropos Tempolimits: Wer in Norwegen mit dem Auto unterwegs ist, hält sich besser an diese. Das Land hat europaweit die höchsten Strafen fürs Zu-Schnell-Fahren. Bei 20 km/h über der erlaubten Geschwindigkeit muss man bereits mind. 400 Euro hinlegen! Und so taten wir das, was Touristen immer tun: Wir cruisten schön gemächlich durchs Land.
Das langsame Fahren war sowieso notwendig. Einer von uns beiden hing nämlich ständig halb aus dem Fenster, um die beeindruckende Landschaft dieser Gegend auf "Zulluloid" zu bannen. Nach 50km kurvenreicher Strecke konnten wir am Kvaenangenfjord (G) aber nicht anders, als stehen zu bleiben. Diesen Ausblick mussten wir einfach genießen:
Ich werde meinem Sternzeichen gerecht und stelle mich auf einen Felsen hoch über dem Fjord |
Lyngen Lodge
Bereits 72 km nach diesem landschaftlichen Highlight erreichten wir einen der wenigen fix eingeplanten Tourstopps unserer Reise: die Lyngen Lodge (H). Der Grund für diesen Stopp ist schnell erklärt: Veronika, eine alte Freundin aus dem schönen Sillian, ist mit Graham, dem Gründer und Eigentümer der Lodge, liiert. Gemeinsam mit ihm und seinem Team kümmert sie sich um das Wohl der Gäste. Daran, dass es diesen in der Lyngen Lodge an wirklich nichts fehlt, konnten wir uns selbst überzeugen.
Im Örtchen Djupvik thront die Lodge idyllisch gelegen etwas erhöht über dem östlichen Ufer des Lyngenfjord. Von der Terrasse aus bzw. durch die großen Fenster der gemütlichen Lounge hat man einen umwerfenden Blick auf die gegenüberliegenden zum Teil schneebedeckten Gipfel der Lyngen Alps.
Bernie erkundet die gegenüberliegenden Gletscher der Lyngen Alpen |
Vor allem im Winter ist die Lodge bei Tourenskigehern aus aller Welt beliebt. Für die Wintersaison 2013 ist man bereits so gut wie ausgebucht. Aber Graham und sein Team bieten ihren Gästen auch im Sommer ein unwiderstehliches Angebot: Maximal 16 Personen werden hier bei Vollbelegung mit kulinarischen Leckereien und abenteuerlichen Freizeitaktivitäten verwöhnt. Gegessen wird - fast wie zuhause - gemeinsam am großen Esstisch. Dieser wird allabendlich in mehreren Gängen mit delikaten Speisen gedeckt, welche vom Profi in der offenen Küche zubereitet werden. Auf der Terrasse oder im Jacuzzi können die Gäste anschließend bei einem prickelnden Drink das rötliche Licht der tiefstehenden Sonne genießen, die sich langsam am Horizont entlang bewegt, im Sommer aber nie ganz unter geht. Höchstes Niveau in familiärer Atmosphäre - Urlauberherz, was willst du mehr?
Das Esszimmer der Lyngen Lodge |
Blick von der Terrasse auf den Lyngenfjord und die dahinter liegenden Lyngen Alps |
Wer sich selbst (oder jemand anderen) mit einem Urlaub der Sonderklasse belohnen möchte, findet auf der Website der Lyngen Lodge alle notwendigen Infos dazu: www.lyngenlodge.com
Zufällig war in dieser Woche auch Veronikas Vater Helmut und ihr Bruder Johannes zu Besuch. Gemeinsam mit ihnen und Veronika konnten wir eine unterhaltsame Stunde in der Lyngen Lodge verbringen. Bevor wir uns wieder ins Auto setzten, ließ uns Veronika noch einen Blick in ihr neues privates Heim werfen.
Vom Wohnzimmer aus haben Graham und Veronika einen grandiosen Blick auf ihre Lodge und den Lyngenfjord |
Schwer begeistert verließen Bernie und ich die Lodge gegen 19.30 Uhr wieder, um noch ein paar Kilometer auf unserem Road Trip zurücklegen zu können. Geworden sind es noch 85, bevor wir nach einer wunderschönen Fahrt entlang des Lyngenfjord den Campingplatz erreichten, den uns Veronika vorgeschlagen hatte.
Die tiefstehende Sonne taucht Fjord und Berge in prächtiges Licht |
Unser Zeltplatz in Skibotn. Im Vergleich zum Nordkap purer Luxus! |
Im Vergleich zu unserer ersten Nacht im Zelt am Nordkap, bot der Camping Platz wahren Luxus: Einen Untergrund, in den man die Zelthaken auch ohne Presslufthammer versenken konnte, angenehme 15°C bei Windstille, WCs (echte WATER closets und nicht nur ein Loch mit Klobrille drum rum) und sogar Duschen. Gegen die lästigen Stechmücken half der übermäßig giftige und deshalb illegale Mückenspray, den wir schon in Kirkenes in einem kleinen Sportgeschäft erstanden hatten - und somit hatten wir fast alles, um den Abend gemütlich ausklingen zu lassen. Es fehlte nur noch ein Bier - und siehe da, auch an dieses hatten wir beim Einkaufen gedacht. Der Abend war somit richtig entspannt - ein perfekter Abschluss für einen genial Tag.
Viele weitere Fotos von Tag 3 findet ihr in der Fotogalerie Tag 3: Nordkap - Lyngen - Skibotn.
Der vierte Tag unserer Reise führte uns zuerst nochmal einige Kilometer Richtung Norden in die nördlichste Uni-Stadt der Welt, wo wir von hoch oben einen wunderbaren Ausblick genossen, und führte uns dann wieder Richtung Südwesten, wo wir am Beginn der Lofoten stundenlang nach einem Campingplatz Ausschau hielten. Mehr dazu aber im nächsten Post!
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